Das Coronavirus stellt uns gegenwärtig vor große Herausforderungen. Alles, was wir bisher als selbstverständlich betrachtet haben, fehlt auf einmal: Unsere Kinder können nicht wie gewohnt morgens in die Kita und in die Schule gehen, während wir wie üblich zur Arbeit fahren. Die lang ersehnten Treffen mit Freuden und Verwandten, gerade jetzt zu Ostern, fallen aus und werden im öffentlichen Raum sogar unter Strafe gestellt. Kein Kaffeetrinken mehr in der belebten Fußgängerzone am Samstagvormittag, kein Theaterbesuch, keine Kneipe, keine Disko, kein Museum, kein Sportverein, keine Stadtbücherei, kein Händeschütteln. Alles ist grundlegend anders. Wir drängen uns aus gutem Grund in die eigene Isolation, um einen unsichtbaren Gegner zu bekämpfen.

Dann finden wir uns wieder in unserer kleinen Wohnung des großen Mehrfamilienhauses. Sie dürfen wir nur noch aus wichtigem Grund verlassen. Hier sollen wir jetzt ausharren und auf die Rückkehr der guten alten Zeiten vor der Coronakrise hoffen – Datum unbekannt. Am Küchentisch müssen wir jetzt unsere Arbeit per Homeoffice erledigen, während wir gleichzeitig für unser eigenes Kind Lehrerin sein sollen. Austoben auf dem Spielplatz? Ach ja, das ist ja auch unter Strafe gestellt.

Zum Glück steht da ja noch die Geige. Wenn unser Kind anfängt, auf ihr zu spielen, vergisst es das Chaos und die Ungewissheit, die es umgibt und steigt ein in die Welt der Musik ohne Coronavirus und Kontaktsperre. Und zum Glück haben wir nach langer Wartezeit doch noch einen Unterrichtsplatz an der öffentlichen und staatlich anerkannten Musikschule erhalten. Wenn unser Kind weiter so übt, sagt die Lehrerin, kann es bald am leistungsorientierten Unterricht teilnehmen.

Natürlich kann an den staatlich anerkannten Musikschulen in Sachsen-Anhalt der Unterricht derzeit nicht in den Räumen der Musikschule stattfinden. Das heißt aber nicht, dass er gänzlich ausfällt. Praktisch alle der über 900 Lehrkräfte halten gegenwärtig den Kontakt mit ihren Schülern aufrecht und erteilen Fernunterricht, sei es über digitale Medien, Telefon oder regelmäßiges Zusenden von Unterrichtsmaterialien.

Jeder weiß, dass selbst die noch so modernste digitale Kommunikation den normalen Musikschulunterricht niemals ersetzen kann. Doch es gibt bei Schülern und Lehrkräften einen starken Willen, den Unterricht aufrecht zu halten, sich weiter dem Instrument zu widmen, in Übung zu bleiben, egal wie. Gerade jetzt, um den eigenen Zufluchtsort aus der Coronakrise zu bewahren und die sozialen Spannungen auszugleichen.

Einmal mehr wird deutlich, dass der Instrumental- und Vokalunterricht unserer Musikschulen mehr ist als nur bloße Freizeitbeschäftigung. Die Musikgeschichte zeigt, dass schon immer das aktive Musizieren den Menschen geholfen hat, gesellschaftliche und persönliche Krisen erfolgreich zu meistern. Doch erst durch die Gründung der öffentlichen Musikschulen ist dieses kein Privileg mehr eines gehobenen Bildungsbürgertums, sondern ein entscheidendes Gut für eine breite Bevölkerungsschicht, unabhängig der Finanzkraft der jeweiligen Elternhäuser.

Gerade in Zeiten verordneter Isolation tritt diese kulturelle Errungenschaft besonders deutlich hervor. Und gerade deshalb sollte sich das Land Sachsen-Anhalt nochmals seiner Verantwortung für die staatlich anerkannten Musikschulen bewusst werden.